Es gibt Momente in denen man sich alt fühlt. Zum Beispiel wenn man Trends nicht nur bescheuert findet, sondern gar nicht erst erkennt. Ich habe mich gewundert, warum auf einmal so viele Menschen gekleidet sind, als wären sie direkt den dunkelsten 80er Jahren entsprungen. Das Ganze ist nicht nur eine kollektive Geschmacksverirrung, sondern hat sogar einen Namen, zumindest für einen Teil dieser re-avantgardistischen schönen Menschen. Es handelt sich dabei um den sogenannten Hipster.
Wikipedia sagt:
Hipster ist ein gegenwärtig in den Medien verbreiter zumeist etwas spöttisch gebrauchter Begriff, der im weitesten Angehörige einer subkulturartigen gesellschaftlichen Gruppierung älterer Jugendlicher bis junger Erwachsener der urbanen Mittelschicht beschreiben soll, die ihrem Szenebewusstsein bei Gleichgültigkeit dem Mainstream gegenüber ignorant bis extravagant Ausdruck verleihen. Der Begriff Hipster ist der gleichnamigen avantgardistischen Subkultur des mittleren 20. Jahrhunderts entlehnt und kann als Versuch gelten, die vielschichtige kulturelle Elite der gegenwärtigen urbanen Zentren terminologisch zu fassen.
Wieder was gelernt. Hier noch ein kleiner Bericht, der die Definition etwas verdeutlicht.
Der Film lässt sich auch auf Hamburg übertragen. Besonders in Stadtteilen wie die Sternschanze, Altona oder St. Pauli gibt es viele Exemplare.
Mainstream macht jede (Jugend)Bewegung kaputt. Doof ist es nur, wenn die Klamotten nicht einfach alt und günstig, sondern, auf alt gemachte, neue und arschteure “Designerklamotten” sind.
Der Film erinnert mich irgendwie an die Popper der 80er Jahre. Dort hatten einige Spaßvögel einen Comic herausgebracht, in dem erklärt wird, wie man ein original, klischeehafter Popper wird. War eigentlich ironisch gemeint, wurde aber von einem Haufen Jugendlicher zur “Popperbibel” erklärt und sich streng danach gerichtet.
Der Spiegel zu der Popperbibel:
Als oft zitierte Stilfibel der Popper gilt dabei bis heute der “Popper-Knigge”. 1979 von zwei Hamburger Schülern geschrieben, bebildert, kopiert und in Eigenregie an Schulen verteilt, avancierte das Benimmmanifest schnell zur Pflichlektüre für Popper. Was viele damals nicht verstanden: Der “Popper-Knigge” war eine Satire, die Autoren nahmen darin ihre Mitschüler aufs Korn. Das Trainieren des abgeknickten Handgelenks vor dem Ganzkörperspiegel, das geübte Zurückwerfen des fast kinnlangen Ponys – alles überzeichnete Beobachtungen zweier überzeugter Popper-Verächter.
Die Ironie der Geschichte: Den satirischen Leitsatz “Sehen und gesehen werden/ist des Poppers Glück auf Erden” nahmen viele Popper in anderen Städten wie Düsseldorf, München oder Nürnberg wörtlich. Carola Rönneburg hat damals die Texte für den “Popper-Knigge” verfasst und sieht die missverstandene Satire heute als Künstlerpech. “An meiner Schule in Hamburg erkannten sich einige Mitschüler in den Karikaturen natürlich wieder”, sagt die heutige Journalistin. “Ohne diesen Kontext konnten die Ironiesignale natürlich leicht missverstanden werden.”
Die pure Lust am Spott hat sie damals bewogen, den Knigge zu schreiben. Und der extreme Gruppenzwang: die erhobenen Nasen und die unverhohlene Distanzierung der Popper von der Mehrheit waren für die damals 15-Jährige unerträglich. “So ein Kashmirpullover hat ein Heidengeld gekostet. 300 Mark – das war für mich unerreichbar.”
An jeder Satire ist ja auch oft einiges Wahres dran. Naja, jedem Tierchen sein Pläsierchen.
Es wird für Jugendliche immer schwieriger, einen eigenen Stil zu finden, der sich von den “Alten” abhebt, den die “Alten” kopieren ja die Jugendlichen immer mehr. Also sehen wir demnächst 70-jährige Hipster – oder kennen wir schon welche? Und dann müssen sich die Jungen wieder was Neues – noch älteres? – einfallen lassen!
Hipster mag keiner.
Streiten sich zwei Hipster. Schreit der eine: “Du Hipster!”
Ich denke damit sei alles gesagt….