Was für ein Motto hat die Hamburger Meile, ein Einkaufszentrum, für sich selbst nur gewählt.
Wir shoppen nicht – wir kaufen uns glücklich
Dazu ein Bild von zwei überglücklichen Frauen, die ihr Glück anscheinend nicht richtig fassen können und sich deshalb vor lauter Freude um den Hals fallen. Warum? Weil sie einkaufen durften!
Dieser Slogan ist ja noch debiler als die “Geiz ist geil” Kampagne von Saturn vor einiger Zeit. Irgendwann ist Saturn die negative Konnotation aufgefallen und hat den Text in “Geil ist Geil” geändert und damit endgültig dem Dadaismus zugeführt. Die Werbewirkung war zumindest vorhanden. Unter dem Motto “Hauptsache Medienwirksam eine Kampagne gefahren, die den Werbeopfern im Kopf bleibt”, hat die damit beauftragte Werbeagentur wahrscheinlich höchst erfolgreich gearbeitet.
Die Kernaussage ihres Slogans schmerzt aber wohl jedem, der sie sich für eine Sekunde auf der Zunge zergehen lässt. Jeder, der sich von dieser Werbung angesprochen fühlt, sieht den Geiz als positive Eigenschaft und bezieht sie auf sich selbst. “Ich bin ja nicht blöd” und bezahle mehr. Es wird aber nicht zu Sparsamkeit aufgerufen, es wird explizit von Geiz gesprochen.
Wie wird ansonsten über Geiz gedacht? Im christlichen Glaube ist es die zweite Todsünde und damit nichts, was man sich selbst positiv auf die Fahne schreiben möchte. Gut, kann man noch als Provokation durchgehen lassen.
Was sagt Wikipedia dazu?
Geizhals oder Geizkragen ist eine tadelnde Bezeichnung für eine Person, die unabhängig von ihrer wirtschaftlichen Lage das Hergeben von Gütern und Geld möglichst vermeidet, auch auf Kosten des eigenen Lebensstandards. Umgangssprachlich werden sie auch als “Pfennigfuchser, Knicker, Furzklemmer” oder schweizerisch “Rappenspalter” bezeichnet. Die Stereotype des Geizkragens sind: reich, habgierig, einen selbst gewählten ärmlichen Lebensstil führend um seine Schätze zu hüten und zu vermehren.
wikipedia
Jetzt wird es interessant. Abgesehen von dem wunderbarem Wort “Furzklemmer”, wer möchte solch eine Definition auf sich selbst anwenden? Was sagt dies über die Person aus? Ist das “geil”?
Selbiges gilt für “Wir kaufen uns glücklich”. Dass das Kaufen von (un)nützlichen Dingen eine Ersatzbefriedigung sein kann ist unbestritten. In seiner extremen Form spricht man von Kaufsucht. Einem kurzen, extatischen Moment des Kaufes folgt das Desinteresse an dem gekauften Gegenstand. Danach folgt der Druck wieder etwas neues zu kaufen um erneut für kurze Zeit “glücklich” zu sein. Sicherlich ist Kaufsucht das Extrem, aber es ist genau dieses Prinzip, welches mit dieser Werbung angesprochen werden soll. Es wäre nichts Anderes, wenn irgendeine Schnapsbrennerei mit dem Slogan Werbung machen würde: “Sauft euch glücklich.” Selbst die müssen neuerdings auf den “verantwortungsvollen Konsum” hinweisen.
Damit offensiv Werbung zu machen wirkt dreist. Kommt Leute, kauft euch glücklich! Das Leben kann so leicht sein! Und wenn ihr keine Kohle habt, kein Problem: verschuldet euch! Kapitalismus war noch nie logischer.
Aahh, Kopfschmerzen!
Dazu fällt mir nur noch der Spruch ein:”Weihnachten wird unterm Baum entschieden!” Wie ärmlich muss das Leben der Leute sein, die auf sowas reinfallen! Das Gefühl von Glück durch Konsum gehört doch eigentlich in die Nachkriegszeit, als die Leute nach Jahren des Verzichts – des Hungers – endlich wieder was kaufen konnten. Das ist jetzt 60 Jahre her!